AUßenansicht des Prüfofens für Tunnelelemente (Tübbinge) aus 2 Perspektiven

Der experimentelle Nachweis von Tunnelbetonen und brandschutztechnischen Ertüchtigungen für Tunnelbauwerke ist nicht explizit normativ geregelt, sondern wird in der Regel projektspezifisch und/oder in Anlehnung an verschiedene technische Regelwerke und Richtlinien wie z.B.:

  • ZTV-ING, Abschn. 5 Tunnelbau,
  • EBA 853 RL,
  • MFPA – Standardprüfverfahren (dieses Hausverfahren),
  • ÖVB-Richtline,
  • Efectis Richtline,
  • Konkreten projektspezifischen Prüfbedingungen / Vorgaben vom Bauherren

durchgeführt und bewertet.

Ihr Ansprechpartner

Dipl.-Ing. Michael Juknat

T +49 (0)341 6582-146
F +49 (0)341 6582-197

juknat@mfpa-leipzig.de

Besonderheit der experimentellen Nachweise an speziellen Tunnelbetonen und/oder daran befestigten brandschutztechnischen Ertüchtigungsmaßnahmen (wie zum Beispiel Brandschutzplatten oder speziellen hochtemperaturbeständigen Brandschutzputzen) sind vor allem die schnellen, raschen Temperaturanstiege in den ersten Prüfminuten. Dazu gehören Temperatur-Zeit-Szenarien wie z.B.:

  • ZTV-ING- / erweiterte ZTV-ING- / EBA-Kurve
  • HC-Kurve nach DIN EN 1363-2,
  • HCmod-Kurve,
  • RWS-Brandkurve,
  • Projektspezifische Brandkurven.

Die zuvor genannten Prüf- bzw. Randbedingungen werden in dem akkreditierten Hausverfahren „Tunnelbrand“ berücksichtigt.

Bei der Bewertung von Tunnelbetonen hat vor allem die Betonzusammensetzung (verwendete Gesteinskörnungen, Art des Bindemittels, Zuschlagmittel) und daraus resultierende Frisch- und Festbetoneigenschaften (Frischbetonkonsistenz, Betondruckfestigkeit) und die Art der Belastung, einschließlich der Geometrie der thermisch beanspruchten Betonbauteile einen Einfluss auf das Abplatz- und Durchwärmungsverhalten von Tunnelbauteilen.

Dabei stellen Brandprüfungen die derzeit einzige Methode dar, um das Brand- und Abplatzverhalten verhalten eines großmaßstäblichen belasteten Tunnelbauteils sicher zu bestimmen. Dabei wird die bauteilschädigende Charakteristik eines Brandszenarios maßgeblich durch drei Eigenschaften beschrieben: Die Geschwindigkeit des Temperaturanstiegs zu Beginn der Temperatureinwirkung, die erreichte Höchsttemperatur und das Temperaturintegral, welches durch die Branddauer beeinflusst ist.

Bei der experimentelle Bewertung von brandschutztechnischen Ertüchtigungen wird der Fokus der Untersuchungen in der Regel so gelegt, dass die Schutzschichten (Brandschutzputze und Brandschutzplatten) über den gesamten Versuchszeitrum den ertüchtigten Betonprobekörper wirksam vor den hohen thermischen Einwirkungen schützen. Dabei müssen neben der Festigkeit des Tragbetons in der Regel auch die Applikationsform der Ertüchtigungsmaßnahme und die Art und die Abstände der gewählten Befestigungssysteme und Unterkonstruktionen experimentell nachgewiesen werden. Zusätzlich spielt auch die Erwärmung der sogenannten Interfacezone (zwischen Ertüchtigungsmaßnahme und Konstruktionsbeton) und das Durchwärmungsverhalten im Betonbauteil eine große Rolle.

Weiterführende Informationen 

Während der Tunnelbrandversuche können Probekörper mit geometrischen Abmessungen von max. l x b x h = 3.430 mm x ca. 1.800 mm…2.000 mm x 300mm … 450 mm experimentell untersucht werden.

Bei den belasteten Brandversuchen können in Abhängigkeit vom gewählten Versuchsaufbau in verschiedene Belastungsrichtungen jeweils maximal 5,5 MN an externen mechanischen Beanspruchungen eingeleitet werden.

Das Erwärmungsverhalten in der Interface-Zone und das Durchwärmungsverhalten in den Betonprobekörpern können durch spezielle Temperatursensoren aufgezeichnet werden.

Dabei werden in der Regel spezielle Standard-Abstandshalter mit Messtellen in 20, 40, 60, 80, 100, 125, 150, 200 und 250 mm eingesetzt. Somit kann der Temperaturanstieg im Probekörper lückenlos in Abhängigkeit der Oberflächenveränderung während des Brandversuches aufgezeichnet werden.

Die Auswahl der Probekörper, die Geometrie und die Zusammensetzung der verwendeten Materialien wird projektspezifisch festgelegt und mit dem Auftraggeber abgestimmt. Mögliche Variationen werden gemäß den Anforderungen des Auftraggebers geprüft und dokumentiert. Die Ergebnisse werden zuvor definierten Grenzwerten gegenübergestellt.

Entsprechend der prüftechnischen Erfahrungen und der in verschiedenen Richtlinien und technischen Regelwerken bekannten Vorgehensweisen wird immer empfohlen mindestens eine Doppelbestimmung an zwei gleichen Probekörpern durchzuführen. Davon abweichende Vorgehensweisen sind vorab im Rahmen der Projektvorbereitung explizit mit dem Auftraggeber im Rahmen des Prüfkonzeptes abzustimmen.

Die experimentelle Bewertung von Tunnelbetonen und brandschutztechnischen Ertüchtigungen wird gemäß der bekannten technischen Regelwerke bzw. den jeweiligen projektspezifischen Unterlagen und den vorherigen Abstimmungen mit dem jeweiligen Auftraggeber und/oder dessen Beratern durchgeführt.

Grundlegend werden folgende Parameter dabei ermittelt.

Vor Prüfbeginn wird eine genaue Aufnahme von der zu prüfenden bzw. zu bewertenden Betonoberfläche durchgeführt sowie Gewicht und Feuchtegehalt aller Bauteile bestimmt.

Während der Durchführung der Prüfung muss die Aufzeichnung allgemeiner Beobachtungen gemäß üblicher Versuchsbeobachtungen in Analogie zu den bekannten Grundlagenprüfnormen zur Bestimmung des Feuerwiderstandes (z.B. DIN EN 1363-1, Pkt. 10.4.7: Rauchaustritt, Rissbildung, Schmelzen, Erweichen, Abplatzen oder Verkohlen von Baustoffen) erfolgen.

Folgende Parameter sind bei der Durchführung der Prüfung in der Regel relevant:

  • Oberflächenbeschaffenheit vor und nach dem Brandversuch,
  • Masseverlust infolge der thermischen und ggf. zusätzlichen mechanischen Beanspruchungen,
  • Feuchtegehalt und Alter der Betonprobekörper an den Prüftagen,
  • Temperaturen im Brandraum,
  • Durchwärmungsverhalten am und im Probekörper,
  • Tragfähigkeit – Dauer in vollendeten Minuten, für die der Probekörper seine Fähigkeit beibehält, während der Prüfung die Prüflast aufzunehmen
  • Aufnahme von horizontalen und vertikalen Verformungen

Seit dem Jahr 2008 wurden an der MFPA Leipzig GmbH mehr als 300 Tunnelbrandversuche in zahlreichen Projekten auf der gesamten Welt durchgeführt.

Ausgewählte Projekte sind nachfolgend aufgeführt.

  • BASt Forschungsvorhaben
  • Neuer Kaiser-Wilhelm-Tunnel, Cochem, Deutschland
  • North/South Line oder Noord/Zuidlijn, Amsterdam, Niederlande
  • Erweiterung Mittlerer Ring, München, Deutschland
  • Sluiskil-Tunnel, Gent, Niederlande
  • Tunnel Mailand-Neapel, Italien
  • Metro Kopenhagen, Kopenhagen, Dänemark
  • Cross Rail Road, London, Vereinigtes Königreich
  • Fildertunnel Stuttgart 21, Deutschland
  • Neubau der Strecken Redline/Greenline/Goldline, Doha, Katar
  • Boßlertunnel, Wendlingen-Ulm, Deutschland
  • Metrolinie Riad, Saudi-Arabien
  • Eurasien-Tunnel, Istanbul, Türkei
  • Rottedamsebaan, Den Haag, Niederland
  • Santa-Lucia-Tunnel, Bologna/Florenz, Italien
  • Forrestfield-Airport Link, Perth, Australien
  • Lusail Plaza Tunnel, Lusail, Katar
  • RijnlandRoute-Tunnel, Karwijk/Leiden, Niederlande
  • Spitzenbergtunnel, Reichensachsen, Deutschland
  • Long Itchington Wood Tunnel, Warwickshire, Vereinigtes Königreich
  • Oosterweel-Tunnel, Antwerpen, Belgien